The winning entry has been announced in this pair.There were 5 entries submitted in this pair during the submission phase. The winning entry was determined based on finals round voting by peers.Competition in this pair is now closed. |
Wir hören oft, wie Leute sagen, sie hätten eine neue Einsicht gewonnen, hätten etwas verstanden, Klarheit über etwas erlangt. Ob das nun wahr ist, oder nicht, erweist sich erst im weiteren Verlauf der Dinge. Wir können nichts Endgültiges, nichts Unverrückbares aussagen. Sind also die obigen Sätze etwas Endgültiges? Diese Sätze und ihr Inhalt sind keine Sinnaussage, sondern eine Anschauungsform, die man besser nicht hinterfragen sollte. Wir haben sehr oft das Gefühl, eine neue Einsicht gewonnen zu haben; jeden Monat, jedes Studiensemester, jedes Jahr, ja sogar täglich können wir das Gefühl haben, eine neue Einsicht gewonnen zu haben. Aber in einer geschichtlichen Perspektive beschreiben wir so immer nur ein Augenblicksgefühl und ein Augenblicksverständnis. In der Realität fließt die Zeit unaufhörlich dahin, und alles kann sich verändern. Auch mit der Liebe zu einem Menschen verhält es sich so. Man sagt zu einem Menschen, dass man ihn liebt, für immer. Diese Aussage kann wirklich die eigene Wahrnehmung und das eigene Verständnis zu diesem Zeitpunkt wiedergeben, und sie kann sogar ein Versprechen sein. Aber die Zeit ist so unerbittlich und das Leben unterliegt so vielen Zufällen, dass man zu einer anderen Zeit, unter anderen Bedingungen diese frühere Aussage einschränkt, sie verändert oder sogar völlig verwirft. Einsicht sollte man meiner Meinung nach eher als etwas Prozesshaftes begreifen. Wir stehen dem Leben gegenüber in einem ständigen Erkenntnisprozess. Gegenüber dem Leben als Einzelnem, gegenüber dem Leben in der Gruppe, gegenüber einer Organisation, gegenüber einer nationalen Kultur, gegenüber dem natürlichen Kosmos, dem Unbekannten, dem für gewöhnlich nicht Beachteten befinden wir uns in einem ständigen Erkenntnisprozess, einer ständig neuen Bewusstwerdung. Allgemein gesagt hängt unsere Einsicht von der Weiterentwicklung unserer Methodik, der Veränderung unseres Standorts, dem Wandel der Sprache, fremden Einflüssen, wiederholter verbaler Einwirkung, kontemplativer Erfahrung und vielem anderen ab. Unsere Einsicht ist eine Einsicht im geschichtlichen Ablauf. | Entry #7876 Winner
|
Wir bekommen es oft zu hören, dass jemand meint, er sei erwacht, ihm werde offenbart, und es werde ihm klar. Es könnte stimmen, vielleicht auch nicht; die Äußerung macht man meistens auf Reisen. Wir sind unfähig, endgültige, unveränderliche Feststellungen zu machen. Aber ist diese Aussage selbst schon endgültig? Die Frage stellt sich nicht, weil diese Aussage und die von ihr anbelangten Aussagen sich auf unterschiedlichen Bedeutungsebenen befinden, also eine Sache des Blickwinkels sind. Wir haben des Öfteren das Gefühl, erwacht zu sein. Ich zum Beispiel, empfinde jeden Monat, jedes Semester, jedes Jahr, und sogar jeden Tag wie mein Verstand neu erwacht. Auf der anderen Seite, aus dem Blickwinkel der geschichtlichen Entwicklung treffen wir lediglich eine Aussage über das momentane Gefühl und momentane Verständnis. In der Tat ändert sich alles mit der Verschiebung der Zeit. Die Liebe zu einem anderen Menschen scheint auch so zu funktionieren. Du versprichst dem anderen die ewige Liebe, welche eigentlich auf deinem momentanen Gefühl und deinem momentanen Verständnis basiert, welche du zu einem späteren Zeitpunkt, unter anderen Bedingungen vernachlässigst , missachtest, oder gar verrätst, weil die Zeit so souverän wirkt und das Leben reiner Zufall ist. Das „Erwacht-Sein“ soll man als Prozess verstehen, so glaube ich. Uns offenbart sich das Leben kontinuierlich. Es kommt ständig zu neuen Erkenntnissen über die Existenz des Individuums, über das Leben der Gesellschaft, über die uns übergeordneten Einrichtungen und Organisationen, über die Kultur unseres Volkes, über die Natur und das Universum, über die Unbekannten und die sonst Unbeachteten. In der Regel hängt unser Erwachen vom Fortschritt unserer Methodologie, von der Änderung unseres Standpunktes, vom Wandel der Sprache, von der Kommunikation mit den uns Fremden, von der Bewegten Entwicklung der Sprache, und von der Beobachtung der Praxis usw. ab. Unser Erwachen geschieht mit der Fortentwicklung der Geschichte. | Entry #6877
|
Man hört häufig von jemandem sagen, dass er etwas erkannt, verstanden oder begriffen habe und dass er erweckt sei. Dem mag so sein oder vielleicht auch nicht. Solche Äußerungen gelten meist nur für den Augenblick. Es ist uns überhaupt nicht möglich, etwas Endgültiges bzw. Unveränderliches zum Ausdruck zu bringen. Nun, ist diese Behauptung von mir eigentlich etwas Endgültiges? Sie wird allerdings auf einer anderen Ebene geäußert, als der Sachverhalt, auf den sie sich bezieht. Sie stellt nur eine Sichtweise bzw. eine Stellungsnahme dar. Nach ihrer Endgültigkeit fragen wir deshalb lieber nicht. Wir haben manchmal das Gefühl, eine Erkenntnis gewonnen zu haben. So, z.B., habe ich jedes Jahr, jedes halbe Jahr, jeden Monat, sogar jeden Tag das Gefühl, etwas erkannt zu haben. Im Nachhinein stellt sich jedoch heraus, dass solches Gefühl in der Tat nur dem entsprach, was ich in dem Moment verstanden und empfunden hatte. In Wirklichkeit verändert sich alles mit der Zeit. Selbst die Liebe für jemanden ist keine Ausnahme. „Ich liebe dich für immer“ sagst du zu jemandem. Diese Äußerung bringt eigentlich nur deine augenblickliche Empfindung bzw. deine Erkenntnis in dem Moment oder vielleicht auch nur dein Versprechen zum Ausdruck. Aber die Zeit ist schlicht und nüchtern, und das Leben voller Zufälle. Im Laufe der Zeit und unter anderen Umständen verliert dein Versprechen an Bedeutung. Du nimmst es nicht mehr so ernst oder verratest du es sogar. Ich glaube, Erwachen – also, Erkenntnis gewinnen – sollte am besten als ein Prozess verstanden werden. Im Leben gewinnen wir permanent Erkenntnisse: über das eigene Leben, das Leben der Bevölkerung, eine Organisation, ein Volk und seine Kultur, die Natur und den Kosmos, das bisher Unbekannte, das Unbeachtete im Alltag, und so weiter und so fort. Durch Erkenntnis all dieser Dinge gelangt man zu einem immer aufs Neue werdenden Bewusstsein. Im Allgemeinen hängt das Erkennen von der Entwicklung unserer Methodologie, der Veränderung unserer Standpunkte/Sichtweisen, der Veränderung der Sprache, dem Austausch der heterogenen Gedankengütern, der Fort- und Rückbewegung vom Sprachaustausch, der Praxis der Meditation, und mehreren anderen Einflüssen ab. Die Erkenntnis ist immer das Ergebnis eines Prozesses in der Vergangenheit. | Entry #6587 Wenjer Leuschel (X) Taiwan
|
Wir hören sehr oft, dass jemand behauptet, er sei endlich erwacht, erwachsen oder ernüchtert. Manchmal hat er recht, manchmal nicht - eher ein Argument zur Halbwegslösung. "Wir können nicht versprechen, endgültig und unveränderlich zu halten, was wir sagen." - Ist diese Aussage eigentlich ebenso eine Art von Endgültigkeit? Diese Frage ist sinnlos, da die Antworten aus verschiedenen Persperktiven vielfältig wären und die Aussage nicht auf einer gleichen Bedeutungsebene damit steht, was gemeint ist. Wir fühlen uns oft erwacht. Ich fühle mich erwacht zum Beispiel in jedem Monat, jedem Semester, jedem Jahr und sogar an jedem Tag. Im Hinblick auf den Zeitlauf haben wir nur das aktuelle Gefühl und Verständnis geäußert. Die Tatsache ist, alles wird sich ändern im Lauf der Zeit. So ist auch die Liebe zu begreifen. Wenn Du die Liebe zu jemandem für ewig und immer erklärst, ist diese Äußerung nichts anders als ein gegenwärtiges Erlebnis, Verständnis oder eher eine Versprechung. Dennoch ist die Zeit so seriös, daß so viele Zufälle im Leben passieren. Zu einem anderen Zeitpunkt oder unter einer anderen Bedingung wird der Eid aus Deiner Erinnerung verblasst oder sogar gebrochen. Ernüchterung ist nach meiner Ansicht als ein Vorgang zu verstehen. Tag für Tag erleben wir mehr und mehr Ernüchterungen. Zur Erkenntnis kommen neue Wahrnehmungen zum persönlichen Leben, zu Arbeitsstellen, zu Volkskulturen, zu Natur und Universum, oder auch zu Unbekanten oder Personen, die oft vernachlässigt sind. Grundsätzlich sind unsere Ernüchterungen abhängig von Entwicklung unserer Methodologie, Änderung der Standpunkte, Änderung der Sprachen, Mischung von Verschiedenartigkeiten, Hin- und Herbewegung durch die Sprachwelt, Schöpfung der Inspiration aus der Meditation. Unsere Ernüchterungen sind Ernüchterungen aus dem Zeitlauf. | Entry #7487
|